Wer noch nie vor einer wichtigen Entscheidung gespeichert hat, wer noch nie eine Sicherung seiner Speicherdatei in einem rogue-like gemacht hat, wer noch nie mit einem großen „Nope!“ 5 Minuten zurückgegangen ist, der werfe den ersten Controller.
Die Rede ist natürlich von Save Scumming. Der billige Ausweg, die Speichermechaniken eines Spiels so zu missbrauchen, um sein gewünschtes Ziel zu erreichen. Besonders in emotional geladenen Spielen oder Spielen, die dich Stunden an hartem grinden kosten könnten, ist es nur allzu attraktiv, dir mit vielen Ladebildschirmen das perfekte Spiel zu zimmern.
Aber ist es wirklich verwerflich?
Ich würde sagen, der Impuls kommt vor allem davon, das Gefühl zu haben, dem Spiel ohnmächtig ausgeliefert zu sein, und die Konsequenzen zu hart sein. Anders als im echten Leben hat man in Spielen oft nur eine Chance
.
Falsche Dialogoption gewählt? Pech, der NPC ist gestorben wegen deiner Entscheidung.
Im falschen Moment gestorben? Jetzt darfst du dich eine Stunde durch das gleiche Gebiet schlagen oder in manchen Spielen auch für dutzende Stunden.
Schlecht gewürfelt bei einem Check? Die Sidequest kannst du wohl nicht mehr machen, fang doch einfach noch mal ganz von vorne an, wenn du sie sehen möchtest.

Das ist im Zweifelsfall schlechtes Gamedesign.
Die Entwickler haben eine gewisse Verantwortung, ihr Spiel spaßig zu gestalten, auch wenn man mal verliert.
Wenn man sich fühlt als müsste man sich durchschummeln, um irgendwie Spaß zu haben, dann läuft etwas falsch.
Und am Ende des Tages, um sich nicht mit solchen Designfragen zu beschäftigen, haben die Entwickler ja Schnellspeicher-Funktionen eingebaut, man nutzt ja nur die Tools die da sind.
Also warum nicht, ist ja unser Spiel, können wir ja mit machen, was wir wollen.
Aber alles auf schlechtes Gamedesign zu schieben ist leider auch zu einfach.
In vielen Fällen sind Fail-Konditionen ja durchaus beabsichtigt.
Mit etwas Pech kosten wir uns damit selbst einen großen Teil der Erfahrung.
Wie jeder, der schon einmal bei D&D einen Charakter verloren hat, bestätigen kann, permanente Konsequenzen für unser handeln können zwar extrem schmerzhaft sein, aber sie geben unseren Aktionen auch Bedeutung. Das ist nicht selbstverständlich, bei so vielen Spielen heutzutage, die das save scumming für dich schon mit erledigen und alle 2 Minuten einen Checkpoint geben, bei all den linearen Stories auf die wir eigentlich überhaupt keinen Einfluss haben.
Aber für jeden geliebten NPC, den wir verlieren, erhöht sich unser emotionales Investment, in die wir noch haben. Für jeden Tod in einem rogue-like schlägt unser Herz noch höher, wenn wir es das nächste mal bis zu diesem Level schaffen. Und je nach Spiel kann es sogar echt Spaß machen zu verlieren. Ich habe kürzlich Disco Elysium gespielt, einen Liebesbrief an die isometrischen RPGs von vergangenen Tagen und war überrascht wie viel Spaß das Verlieren machen kann.
Für jedes gute Ergebnis, dass wir erzwingen, gibt es ein „schlechtes“, was ebenfalls ins Spiel gepackt wurde, damit wir es finden können, damit unser handeln Folgen hat.
Am Ende des Tages, was wir allein in unserem Zimmer tun, geht niemanden etwas an. Solange wir am Ende Spaß haben, ist jede Strategie Recht, und jeder muss für sich selbst entscheiden, was ok ist. Ich für meinen Teil jedoch werde daran arbeiten, die Freude des Scheiterns häufiger wiederzuentdecken.
Dieser Beitrag wurde von unserem Gastauthor „TheNamelessOne“ geschrieben. Du hast auch Lust & Laune, Beiträge für Geek-Kultur zu schreiben? Dann sag uns gerne Bescheid, wir freuen uns über deinen Kontakt unter info@geekkultur.com
Ich benutze meine Save Spots vor allem, wenn ich die unterschiedlichen Enden eines Games sehen will. Alternativ bleibt da nur YouTube
Dafür fehlt mir meistens die Geduld, dass ich wirklich alle „Enden“ erzocke. YouTube ist da echt mein Freund geworden 🙂
Toller Beitrag! Ich muss sagen, dass ich eher selten zur Quickload-Taste greife, weil ich eben auch genau das Gefühl „suche“ – das ich auch mal eine falsche Entscheidung treffe, dass ich auch mal einen Weg eingeschlagen habe, der so nicht geplant war oder zu mir und meinem Spiel-Stil eigentlich nicht passt.
Gerade das macht für mich Gaming aus, auch mal was neues zu erleben und nicht mit „Netz und doppelten Boden“ durch alle Adventures zu hopsen.
Wobei, den einen oder anderen NPC konnte ich auch schon mal durch Quickload retten, hehe